Montag, 13. September 2010

Transib - es rollt


Start: Jaroslaver Bahnhof in Moskau

Mit jedem Kilometer gen Osten kommen wir mehr rein (siehe Ende).Der Tag verlaeuft nach einer klaren Struktur und die Basics des Tages wie Essen, Abwaschen, Toilettengang und Unterwaesche wechseln werden zu DEN Events. Wem das nicht reicht, kann an den Bahnhoefen, wo der Zug haelt, ein reges Tauschgeschaeft erleben bzw. selbst neue Kleider, Schuhe und all die schoenen Sachen erwerben. Sofern die energische Prowodniza (Zugabschnittsbevollmeachtigte) uns den aussteigen laesst: Denn auf die Touristen hat sie ein besonderes Auge geworfen. Sicherlich ist es einer jeder in ihrer Dienstzeit schon mal passiert, dass sie einen Fahrgast unterwegs vergessen hat. Das man die Bahn verpassen koennte ist ein Mythos: Mit einem straffen „Dewutschka! Dawaj“ ist man an die Bestimmung der Reise erinnert und im nu im Zug.

Markttreiben


Mit Lusia ist immer fuer Unterhaltung gesorgt. Die russischen Raetselhefte beschaeftigen nicht nur sie, sondern auch uns. Auch ein Fingerpuppentheaterstueck konnte am 3. Tag zur Auffuehrung gebracht werden.
Kaffee und Chinanudelsuppen verbunden mit einem Gang zum Samowar werden die Highlights schlechthin. Man wird bescheiden. Wem das nicht reicht, kann einen Ausflug in Bordrestaurant machen und bei der franzoesischen Reisegruppe schauen, was es theoretisch geben koennte, wenn die Bedienung nicht gerade mit der Situation ueberfordert waere. Vielleicht hat in diesem Moment auch einfach der „Manager“ gefehlt, der sie darauf hingewiesen haette, dass da noch 3 Gaeste am Tisch sitzen.





Abschliessend noch der Wetterbericht: Es war sehr sommerlich bis hin zu Hochsommer. Saunafreunde waeren in der Nacht auf ihre Kosten gekommen. Nur das Abschrecken mit kalten Wasser im „Bad“ ist eine noch nicht durchdachte Teilprozedur (siehe spaetere Bilder zu den lokalen Waschgelegenheiten). Nun ja, aber da wir doch auch eher die Herbsttypen sind, haben wir fuer ein wenig Wind und Frische im Zug gesorgt. Klugerweise inkognito (was uns aber die Kollegialstrafe am Ende nicht ersparte): Wir oeffneten das Fenster im Gang und schlichen uns in unser Abteil. Zunaechst wurden unsere russischen Freunde energisch von unserer Prowodniza zurechgewiesen und das Fenster mit einem geuebten Handgriff geschlossen. Der zweite Lueftungsversuch wurde von uns 15min spaeter uebernommen. Wiederum Fenster auf und schnell ins Abteil gehuscht. Diesmal wurde unser amerikanischer Freund, der sich vor unserem offenen Fenstern niedergelassen hatte, von der Prowodniza zurechtgewiesen und natuerlich: Fenstern zu. Der dritte Versuch (35min spaeter) war erfolgreich: Fenster auf und unsere Prowodniza resignierte. Wir hatten bereits ein schlechtes Gewissen, dass nun unser anderer amerikanischer Freund scharf ermahnt wird, aber nichts da. Die Prowodniza geht vorueber, wortlos, regungslos und niemand weiss, was in ihr Vorgeht. Wie geagiert sie auf unseren hartnaeckigen Widertand? 8 Stunden spaeter wissen wir es:

- Erstens, sie laesst einheizen. Wieviele Kohleeimer waren es diesmal? 6 anstatt der ueblichen 3?
- Zweitens, sie schmeisst uns raus. Die Ankunft in Irkutsk war um 4.45 Uhr am Morgen. Unser Wecker war fuer 4.30 gestellt. Sachen und Kind unter den Arm und raus ins neue Leben. Doch die Prowodnica kam puenktlich um 3.40 zum Wecken vorbei. Antje schaffte es aufs Klo (es war offenbar fuer sie gut, geweckt zu werden). Nun ja, aber die geplante Nachtruhe wollten wir ausschoepfen. Tuer wieder zu und weiter geschlafen …. bis 4.05 Uhr zumindest. Da war sie wieder, unsere Prowodnica: Betten abziehen, packen und natuerlich alles mit ‚dawaj’. Wie fuegten uns und sassen dank unserer Prowodniza 20min vor Ankunft, fertig gepackt und ausgehfertig im Abteil.


Nun nach 3 Tagen koennen wir Addes stetiges Fragen: Kommt ihr langsam rein? Mit "Da, da" und einen kraeftigen Schluck aus dem Flachmann beantworten.Reisen ist schoen und mit der Transib (k)eine Erholungstour. Aber die Landschaft: stundenlang, tagelang ...



PS: Fuer Kritik ist es noch zu frueh. Wir reisen gemeinsam weiter. Erste Offenbarungen gibt es nach dem 3.10. zunaechst von Antje, die in der Sicherheit ihrer Berliner Wohnung fern ab von uns, gewiss den Mut zu einer kritischen Reiseberichterstattung findet.

Irkutsk: Zirkus



Irkutsk: Motiv ist die gelbe Schleife, der Rest sind Statisten